Ein großer Teil aller Verkehrsunfälle wird von zwei Gruppen von Fahrern verursacht: denen mit frisch erworbener Fahrerlaubnis und denen am anderen Ende des Spektrums. Während sich der Staat in den letzten Jahren auf neue Maßnahmen für junge Fahrer konzentriert hat, denkt er bisher nicht viel an Senioren. Das könnte sich jedoch in den kommenden Jahren ändern und Senioren zurück in die Fahrschule bringen.
Kleine Unfälle, schwere Verkehrsunfälle, aber auch eine große Anzahl von Fällen, bei denen in den Gegenverkehr auf Autobahnen und Schnellstraßen gefahren wird. Genau diese Situationen haben in den letzten Jahren eines gemeinsam: eine große Kategorie von Fahrern – Senioren, die ihre Verursacher sind. Denn die Anzahl der Seniorfahrer nimmt nicht nur auf heimischen Straßen schnell zu, da Autos in den Alltag der Haushalte integriert werden, sondern auch aufgrund der Verlängerung des produktiven Alters. Wie die Unfallstatistik zeigt, stehen nach jungen Fahrern mit „frischen Führerscheinen“ auch jene, die ihre Inhaber schon deutlich länger sind, also Senioren, hinter einer großen Anzahl von Verkehrsunfällen.
Im Fall der ersten Kategorie der häufigsten Teilnehmer und vor allem Verursacher von Verkehrsunfällen, nämlich junge Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren, reagiert das Verkehrsministerium seit längerer Zeit mit Anpassungen des Punktesystems oder der Einführung des Führerscheins ab siebzehn Jahren, bei dem der junge Fahrer unter Anleitung eines Mentors steht.
Frische Fahrschulabsolventen müssen in diesem Jahr auch wegen des sogenannten Führerscheins auf Probe deutlich vorsichtiger sein. Dieser gilt zu Beginn ihrer Fahrerkarriere zwei Jahre lang und in dieser Zeit stehen die Fahrer unter verstärkter Beobachtung. Falls sie in diesem Zeitraum einen mit sechs Punkten bewerteten Verkehrsverstoß begehen oder ein Fahrverbot erteilt wird, müssen sie sich einem verkehrspsychologischen Gespräch und einem speziellen Schulungskurs für Fahranfänger mit Evaluationsfahrt unterziehen.
Im Fall der Senioren ist die Situation aber völlig anders. In vielen Fällen kommt es nämlich nicht nur aus gesundheitlichen Gründen, sondern auch aufgrund des natürlichen Rückgangs der kognitiven Funktionen mit zunehmendem Alter zu einem immer unsichereren Verhalten dieser Fahrer im Straßenverkehr.
Ob ein älterer Fahrer berechtigt ist, die Fahrerlaubnis weiter zu halten, beeinflusst „nur“ der praktische Arzt während der Pflichtuntersuchung. Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine solche Untersuchung in der Regel nicht sehr detailliert ist und der praktische Arzt bei dieser Untersuchung kaum in der Lage ist, alle Faktoren zu erfassen, die die Fahrer bei der Bedienung eines Fahrzeugs beeinflussen.
Deshalb haben laut einer jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des TÜV-Verbandes beispielsweise ein großer Teil der Deutschen, genau 76 Prozent, der Einführung einer Pflichtkontrolle der Fahrfähigkeiten bei Fahrern über 75 Jahren zugestimmt. Laut der Mehrheit, also 80 %, sollte älteren Fahrern dann der Führerschein entzogen werden, wenn sie nicht mehr in der Lage sind, Fahrzeuge zu führen.
Gesetzesänderungen, die die Prüfung der Fahrfähigkeiten ab dem 70. Lebensjahr festlegen würden, wurden kürzlich von Abgeordneten des Europäischen Parlaments diskutiert. Laut dem deutschen TÜV wäre jedoch eine bloße Prüfung der Fahrer und ein möglicher Entzug der Führerscheine nicht der richtige Ansatz, und eine Lösung könnte vielmehr in Pflichtfahrten mit Rückmeldung für Fahrer über 75 Jahre bestehen.
Während der Pflichtfahrt mit einem Fahrlehrer würden sie Rückmeldungen darüber erhalten, was sie richtig und was sie falsch machen. Die Fahrlehrer könnten sie auch darüber informieren, was sie bei ihrem Fahrstil verbessern sollten und welche Neuerungen es in den Verkehrsregeln gibt.
Welche Änderungen auch immer eingeführt werden, es steht fest, dass sich die Gesetzgeber in den kommenden Jahren zunehmend mit dieser Frage befassen müssen, gerade wegen der bereits erwähnten Verlängerung des produktiven Lebensalters in den EU-Ländern, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. In Zukunft ist es jedoch möglich, dass dies nicht nötig sein wird, da mit dem Aufkommen moderner Elektroautos und autonomer Fahrtechnologien die Fahrfähigkeiten im Fahrzeug nicht mehr erforderlich sind.